Van-der-Smissen-Straße

Willkommen zur virtuellen Führung durch das ehemalige „England-Terminal“

Zum Tag des offenen Denkmals nehmen wir Sie mit auf einen Kameraüberflug und virtuellen Rundgang durch das ungewöhnliche Bauwerk in der Van-der-Smissen-Straße am Hamburger Hafen und erzählen die Geschichte seiner Entstehung. Kommen Sie mit auf unsere digitale Reise und erhalten Sie ganz neue Einblicke aus der Vogelperspektive und faszinierende Innenansichten des Gebäudes. Lesen Sie hier im Folgenden, was das schiffsähnliche Bauwerk architektonisch ausmacht. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!

Schmuckstück an der Altonaer Hafenkante

Das eindrucksvolle Bauwerk an der Altonaer Hafenkante in der Van-der-Smissen-Straße 1–4 wird aufgrund seiner Entstehungsgeschichte und früherer Nutzung auch als „England-Terminal“ bezeichnet. Es bildet ein architektur- und stadtgeschichtlich bedeutendes Verkehrsbauwerk und ist ganz nebenbei ein architektonisches Schmuckstück an der Elbe.

Der markante Bau liegt am nördlichen Elbufer im Fischereihafen Altona. Genauer genommen am Fuß des etwa 30 Meter hohen Geesthangs, südlich des Altonaer Balkons, auf dem ins Wasser vorgeschobenen Edgar-Engelhard-Kai. Ob von der Elbe oder der Hafenkante aus betrachtet: Hier fällt der prägnante östliche Gebäudekopf direkt ins Auge und bildet mit seinem auffälligen Profil eine weithin sichtbare Landmarke.

Entstehungsgeschichte und Nutzung

Ursprünglich sah ein Realisierungswettbewerb Ende der 1980er Jahre vor, das England-Fährterminal von den St.-Pauli-Landungsbrücken zu verlegen und mit einem neuen Kreuzfahrtterminal sowie zusätzlichen Büros zusammenzufassen. Letztlich verstetigte sich die zunächst temporäre Büronutzung und im Ostteil des Gebäudes eröffnete 1992 ein Restaurant. Insgesamt war das Fährterminal von 1991 bis 2002 in Betrieb und wird nach mehreren Zwischennutzungen seit 2018 durch das Musiktheater Opernloft genutzt. Vor der Eröffnung in der Spielzeit 2018/19 wurden ein Theaterraum mit 200 Sitzplätzen sowie eine Gastronomie in die große Halle gebaut.

Markante Bauweise mit Stahl-Glas-Konstruktion

Die Stahl-Glas-Konstruktion, die in ihrer dynamischen Linienführung an einen Schiffskörper erinnert, wurde von 1989 bis 1993 nach den Entwürfen der Arbeitsgemeinschaft me di um  Architekten Jentz Popp Wiesner, Hamburg und Alsop Architects, London erbaut. Auf vier bis sechs Stockwerken bietet das eindrucksvolle Gebäude eine Nettogeschossfläche von 11.600 m² und gliedert sich in 32 Achsen mit markanten Doppelstützen. Über der wasserdichten Wanne der Tiefgarage besteht die Tragkonstruktion aus einem Stahlbetonfertigteilskelett mit A-Stützen und abgeschrägten, nach außen verjüngten Balken sowie Kragrahmen im hangseitigen Bereich des ehemaligen Fährterminals.

Über die gesamte Länge des 5. Obergeschosses verläuft eine Galerie als 6. Ebene. Abends in der Dunkelheit und von einem blauen Dachoberlicht beleuchtet, wirkt das Bauwerk wie ein futuristisches und nahezu ‚außerirdisches‘ Objekt. Die Ostfassade kragt im ersten und vierten Obergeschoss deutlich aus, das von den beiden östlichen, schräg gestellten A-Stützen getragen wird. Die Bauart der Fassade wird als „Aluminium-Pfosten-Riegel-Konstruktion“ bezeichnet – hier ergänzt durch Glas- und Aluminiumpaneele. Auf der Elbseite ist die Südfassade weiß gefasst und zum Ufer hin ist die Nordfassade metallsichtig. Die großzügige Verglasung an der Ostfassade sowie an den Längsseiten der beiden oberen Geschosse reflektieren das Elbwasser, lassen das Gebäude leicht wirken und sorgen von innen für eine spektakuläre Aussicht.

In den Eingangsbereichen wurde Granit als charakterisierendes Material verarbeitet. Selbst die Türen sind mit dünnen Granitplatten belegt.

Ein weiteres Gestaltungselement ist Beton. Er wurde in den Treppenhäusern sichtbar gelassen und farbig behandelt, was dem Baustoff eine edle Anmutung verleiht. Im Untergeschoss befinden sich auf der gesamten Länge offene und überbaute, sturmflutsichere Tiefgaragen.

Geschichtliche Bedeutung

Das an ein Schiff erinnernde Gebäude steht als architekturgeschichtliches Zeichen eines sogenannten Regionalismus innerhalb der Architektur des späten 20. Jahrhunderts, welcher gleichermaßen durch Hightech-Elemente sowie Postmodernismen geprägt ist. Ein Gefühl von Hightech vermittelt die technisch anmutende Metall-Glasfassade aus einer filigran wirkenden Spannkonstruktion aus weißem Stahl.

Als postmodern können dabei die charakteristischen Ortsbezüge des Baus kategorisiert werden. Die Linearität erinnert an typische Altonaer Lagerschuppen mit ihren Halbportalkränen. Die Materialwahl sowie die Schrägstellung der Fassaden und die flachen Bogendächer zitieren die typische Hafeninfrastruktur wie Tragewerke, Führerhäuser von Verladebrücken oder Portalkräne. Als interessante postmoderne Details gelten auch punktuell platzierte runde Fenster – sog. „Bullaugen“ – oder der Materialmix aus Stahl, Beton, Granit und Neonbeleuchtung im Innenraum.

Auch stadt- und planergeschichtlich ist das Gebäude in der Van-der-Smissen-Straße von Bedeutung. Es steht als Zeugnis einer Zeit des Umbruchs der globalen Hafeninfrastruktur, die von einer funktionalen und ästhetischen Aufwertung ihres Erscheinungsbildes begleitet wurde. In den 1980er Jahren wurde in Hamburg aktiv eine städtebauliche Neuordnung des nördlichen Hafenrandes in Altona vorangetrieben. Ziel war es, brach liegende, innenstadtnahe Hafenflächen umfassend zu revitalisieren.

Unter dem Schlagwort „Stadt am Wasser“ oder „Waterfront Cities“ entwickelte sich in den 1960er bis 1990er Jahren in vielen Städten weltweit eine ähnliche Stadtentwicklungsstrategie. Aufwertungsprojekte hafennaher Architektur finden sich beispielsweise in London, Kopenhagen, Amsterdam, aber auch in Boston, Toronto, Tokio und Sydney. Auslöser hierfür waren gravierende infrastrukturelle Modernisierungen wie die Einführung des Containerverkehrs sowie generell der globale, postindustrielle Strukturwandel.

Das beeindruckende Bauwerk in der Van-der-Smissen-Straße hat den Zweck der Aufwertung der Hafenkante mehr als erfüllt. Abgesehen von seiner Funktionalität ist das auffällige Gebäude in prominenter Lage ästhetisch eine Attraktion. Es hat die zur Bauzeit im Umbruch befindliche nördliche Elbseite belebt und prägt als markanter Punkt die „Perlenkette an der Elbe“.